Christian Dahm im Einsatz als Lehrer

von Katharina Brand-Parteck

Abgeordneten-Schulstunde zum „Tag der freien Schule“ im AWO Berufskolleg Herford

Klassenzimmer, statt Plenarsaal. Der Landtagsabgeordnete Christian Dahm ist zum Lehrer auf Zeit geworden und hat im AWO-Berufskolleg in Herford die Erzieherinnen und Erzieher im zweiten Ausbildungsjahr „unterrichtet.“

Hintergrund ist die Herbstaktion des Verbandes deutscher Privatschulen „Tage der freien Schulen - Schenken Sie uns eine (Schul-) Stunde Ihrer Zeit.“ Schulen in freier Trägerschaft laden Landtagsabgeordnete ein, um bei Kindern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen das Verständnis für Politik und Demokratie zu wecken oder zu verstärken.

Dass da vor Ihnen keiner von diesen abgehobenen Politikern steht, davon konnten sich die Schülerinnen und Schüler der Klasse HFERZ 21 (Erzieher-Vollzeit, 2. Ausbildungsjahr) selbst überzeugen. Dahm berichtete unter anderem über Privates und aus seinem „vorherigen Leben“ als Polizist, vor allem aber aus seiner Arbeit als Landtagsabgeordneter.

Der Vlothoer betonte zugleich, dass er Wert auf den Austausch lege und auf keinen Fall reinen Frontalunterricht machen werde. Diese Art des Unterrichts wäre bei der enorm gut vorbereiteten Klasse auch gar nicht nötig gewesen. Die Schülerinnen und Schüler zeigten keine Scheu, kamen schnell in den Austausch mit dem Landespolitiker und stellten viele Fragen.

„Im Landtag von Nordrhein-Westfalen wird Schulpolitik für das Land gemacht. Hier vor Ort kann ich sehen, wie das Ganze angenommen und umgesetzt wird. Und ich nehme mit, was klappt und was eben nicht klappt - wo wir Veränderungen vornehmen müssen“, erklärt Christian Dahm, warum er immer gerne als Gast in Schulen ist.

Die Besuche in den freien Schulen ermöglichen den Landespolitikerinnen und -politikern eben nicht nur, deren Schulalltag kennen zu lernen, sie können sich darüber hinaus auch über Ideen informieren, mit denen die freien Schulen den Herausforderungen der Gesellschaft und Bildungspolitik begegnen.

Die angehenden Erzieherinnen und Erzieher konnten dem Landespolitiker eine Reihe von Themen an die Hand geben.

Besonders beschäftigt hat die Schülerinnen und Schüler in ihrer Situation die Beantragung des Aufstiegsbafögs. Dieser Vollzuschuss ist für die angehenden Erzieherinnen und Erzieher die einzige Einnahmequelle in den ersten zwei Jahren der konsekutiven Ausbildung, bis sie ihr anschließendes einjähriges Berufspraktikum absolvieren.

Wenn es Probleme bei der Beantragung oder Auszahlung gibt, dann haben sie schlichtweg kein Einkommen. Dieses Geld ist für die Azubis existenziell. Einige mussten sehr lange auf die Auszahlung warten, oder haben nur Abschläge erhalten. Außerdem bemängelten die Betroffenen die fehlenden Ansprechpartner bei der Bezirksregierung Köln und lange Warteschleifen.

Christian Dahm versprach, sich des Problems anzunehmen. „Das ist keine akzeptable Geschichte. Die Azubis brauchen das Geld um ihr tägliches Leben zu meistern und zu finanzieren“, so Dahm.

„Diese Form der Ausbildung war für uns nur interessant, weil wir eben dieses Aufstiegsbafög erhalten“, betonen die Schülerinnen und Schüler.

Das System trage nicht unbedingt dazu bei, die dringend benötigten Fachkräfte für Kitas zu gewinnen. Die Schülerinnen und Schüler fordern deshalb mehr Anreize im Zuge der Ausbildung und der Anwerbung.

Das Thema Fachkräftemangel war insgesamt ein Punkt, der in der „Schulstunde“ ausführlich diskutiert wurde.

„Wir haben große Probleme in Kitas, OGS aber auch in Schulen“, kritisiert Dahm. Die gute Nachricht sei zwar, dass sich die Anwesenden ihre zukünftige Stelle aussuchen könnten, aber der Bedarf bei Weitem nicht gedeckt werde. „Wir können noch so viele Kitas bauen, es wird nicht funktionieren, wenn wir keine Leute haben, die dort arbeiten.“

Dahm fordert eine auskömmliche Finanzierung für Kitas, eine Fortführung der Sprachkitas über 2023 hinaus und eine Verstetigung des Alltagshelferprogramms, um Erzieherinnen und Erzieher zu entlasten.

Gesprochen wurde auch über den angespannten Wohnungsmarkt. „Wir brauchen mehr öffentlich geförderten Wohnungsbau und vor allem mehr Wohnungen in der Mietpreisbindung“, so Dahm.

Auch die aktuellen Krisen bewegen die Klasse. Am Ende der wirklich intensiven Diskussion wurde nichtmal bemerkt, dass die Schulstunde bereits weit überzogen wurde.

Für Christian Dahm ein Zeichen für das große Interesse. Im Abschlussgespräch mit Schulleiter Andreas Jürgens lobte er die gute Arbeit: „Sie brennen für ihre Schule. Das merkt man an der Atmosphäre und im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern. Das war eine bestens vorbereitete, aufgeweckte und aufgeschlossene Klasse. Der Umgang miteinander ist sehr wertschätzend. Das werden einmal tolle Erzieherinnen und Erzieher!“